Sky Experte Lothar Matthäus blickt in seiner Kolumne "So sehe ich das" auf die Zukunft von Dortmunds Stürmerstar Youssoufa Moukoko und BVB-Teamkollege Jude Bellingham. Er schätzt die Situation im Bayern-Tor ein und wünscht Franz Beckenbauer, Jupp Heynckes und Pele alles Gute.
Nach dieser wundervollen Weltmeisterschaft genieße ich die Weihnachtsfeiertage in Österreich mit meinem Sohn beim Skifahren. Wir verbringen 14 gemütliche Tage. Der Kleine lernt das Skifahren und kann danach mit einer Menge Kinder das Erlernte umsetzen. Wir haben eine schöne gemeinsame Zeit der Entspannung. Die Schneelage ist nicht so ideal, wie ich es mir gewünscht habe, um selbst viel Zeit auf der Piste zu verbringen, aber langweilig wird es trotzdem nicht. Sport, gutes Essen und eine unbeschwerte Zeit lautet das Motto.
Meine fußballerischen Wünsche für das neue Jahr 2023 sind eine spannende Meisterschaft in der Bundesliga und weiterhin so großartige Stimmung wie in den letzten Monaten. Ich denke, dass ist in Europa einzigartig und es wird auch in der Rückrunde mindestens genauso spektakulär auf den Rängen unserer Fußballstadien. Es war nach den Corona-Beschränkungen förmlich greifbar, wie viel Lust die Fans auf ihre Teams haben und das wird sich fortsetzen. Erst recht nach der langen Pause. Die Bayern haben leider eine ganze Menge Verletzungspech, und vielleicht hat die Konkurrenz auch deshalb eine kleine Chance, an ihrem Thron zu kratzen. Leicht wird es nicht, aber wer weiß…
Der BVB hat alles, was Moukoko jetzt braucht
Einer, der mit seinen Toren für Spannung sorgen kann, ist der Dortmunder Youssoufa Moukoko. Es wird viel darüber spekuliert, ob er beim BVB bleibt oder ins Ausland wechselt. Ich würde ihm raten, mindestens noch ein bis zwei Jahre bei Borussia Dortmund zu bleiben und nicht gleich dem Ruf des Geldes zu folgen. Er ist seit kurzem Stammspieler unter Terzic, noch sehr jung und hat eine fantastischen Zukunft und Karriere vor sich.
Es gibt viele Beispiele von jungen Spielern, die zu früh nach England oder in andere große Ligen gewechselt sind, weil sie es kaum erwarten konnten. Aber Dortmund hat zum jetzigen Stand alles, was er braucht. Die Liebe der Fans, ein Trainer, der auf ihn setzt, eine Mannschaft, die für ihn spielt und ein Umfeld, in dem er prächtig wachsen und gedeihen kann.
Dortmund ist für junge Spieler mit das Beste, was es in Europa gibt
Auch ich hatte schon in sehr jungen Jahren unglaublich lukrative Angebote aus Italien. Die Serie A war damals das, was heute die Premier League ist: das Nonplusultra. Aber er verdient jetzt schon gutes Geld und deshalb möchte ich ihm zurufen, auf die eine oder andere Million in diesem Alter zu verzichten und die Karriere vernünftig zu planen. Er wird mit Dortmund in der Champions League spielen, in der Nationalmannschaft noch besser Fuß fassen und kann mit 21, 22 oder 23 Jahren immer noch ins Ausland wechseln.
Timo Werner ist zurückgekommen. Pulisic hat es nicht auf Anhieb im Ausland geschafft, Dembele hatte Probleme bei Barcelona, Sancho ist selbst als Engländer bei Manchester United in ein tiefes Loch gefallen. Borussia Dortmund ist für junge Spieler mit das Beste, was es in Europa gibt. Deshalb würde ich an seiner Stelle dankbar sein, weiter Gas geben, noch eine Menge Tore für den BVB schießen und dann das nächste Abenteuer wagen.
Gehe von unglaublichem Wettbieten um Bellingham aus
Bei Jude Bellingham ist es etwas anderes. Er ist bereits ein Führungsspieler in Dortmund und in der englischen Nationalmannschaft. Er hat auch bei der Weltmeisterschaft gezeigt, wie weit er bereits ist. Das ist bei Moukoko noch nicht der Fall. Bellingham zeigt seit knapp zwei Jahren fantastische Leistungen. Er wird Borussia Dortmund sicher verlassen, was auch in Ordnung ist, zumal er dem Verein wohl eine neue Rekord-Ablösesumme bescheren wird.
Ich gehe davon aus, dass es ein unglaubliches Wettbieten zwischen Real Madrid und den großen englischen Klubs gibt und sich Bellingham dann einfach das aussuchen kann, was er möchte. Das hat er sich verdient. Die Premier League ist wahrscheinlich für einen englischen Jungen das größte und möglicherweise wechselt er zu seinem Lieblingsverein. Real Madrid strahlt aufgrund seiner Geschichte und des legendären weißen Trikots ein kleines bisschen mehr als alle anderen Klubs. Allerdings sind dort im zentralen Mittelfeld aktuell Camavinga, Tchouameni sowie Toni Kroos und Luka Modric. Zwei aufstrebende Top-Spieler und zwei Legenden des Vereins und Weltfußballs, die möglicherweise nicht aufhören oder gar das Handtuch werfen. Ich bin gespannt auf seine Entscheidung und drücke ihm die Daumen, dass es die richtige ist.
Beckenbauers Stimme hörte sich gut an
Es gab in den vergangenen Tagen einige unschöne Nachrichten in Bezug auf den Gesundheitszustand von Jupp Heynckes und Pele. Auch ein Foto von Franz Beckenbauer machte die Runde.
Mit Franz Beckenbauer habe ich an Heiligabend telefoniert und seine Stimme hörte sich gut an. Auch Andreas Brehme, der ihn kürzlich besuchte, hat mir versichert, dass er einen sehr ordentlichen Eindruck macht. Alles gut. Um Franz mache ich mir keine Sorgen
Jupp Heynckes wird 100 Jahre alt
Jupp Heynckes drücke ich natürlich als mein Freund und Förderer sowie langen Weggefährten die Daumen. Jupp ist ein Kämpfer. Jupp wird 100 Jahre alt. Er hat als Spieler und Trainer alles geschafft, was man nur schaffen kann und jede Situation gelöst. So wird es auch dieses Mal sein. Er hat ein tolles familiäres Umfeld und das ist in seiner Situation das Wichtigste. Wenn man am Herzen operiert wird, geht es um Leben und Tod. Da hat man Angst. Das ist ganz normal. Ich kenne einige Menschen in meinem Umfeld, die das durchmachen mussten, unter anderem meine Mutter. Wenn es einer schafft, dann Jupp. Es gab nichts, dass er mit seinem Willen, seiner Leidenschaft und seiner Akribie nicht erreicht hat. Überall flogen ihm die Herzen zu, und so möge auch jetzt sein Herz davon profitieren.
Ich drücke Pele von Herzen die Daumen
Bei Pele ist es etwas anderes. Ihm geht es schon seit längerer Zeit offensichtlich schlecht und wenn die ganze Familie im Krankenhaus weilt, ist das nie ein gutes Zeichen. Ich habe ihn erstmals erlebt, als ich acht, neun Jahre alt war und er mit dem FC Santos in Herzogenaurach zu Gast war. Er war der Beste. Ich hab ihn später öfter getroffen, auch dank meiner Nähe zu Franz Beckenbauer.
Ich habe oft erlebt, wie Franz mit ihm telefoniert hat und trug früher auch seine Fußballschuhe. Den Puma King Pele mit dem goldenen Streifen. Auch derselbe Ausrüster hat uns verbunden und oft zueinander geführt. Schön war auch, dass er einmal eine Laudatio auf mich gehalten hat. Mehr geht nicht. Er wird weltweit, aber vor allem in Brasilien, verehrt wie kein anderer - und das zurecht. So einen Spieler hatte die Welt noch nicht gesehen. Einzigartig und unerreicht. Ich drücke auch ihm aus der Ferne von Herzen ganz fest die Daumen, auch wenn es ehrlicherweise nicht allzu gut aussieht.
Wann beginnt Nübels Zukunft in München?
Dass Manuel Neuer dort Ski gefahren ist, wo er es am besten nicht getan hätte, ist klar und ich denke, er weiß am besten, dass das fahrlässig war. Schade, dass er seine Weihnachtsgrüße vor dem Christbaum auf Krücken machen musste. Aber das ist jetzt Vergangenheit und es gilt nach vorne zu schauen. Vor allem für ihn und den FC Bayern.
Offensichtlich möchte die sportliche Führung Alexander Nübel von der AS Monaco zurückholen. Ich frage mich weiterhin folgendes: Wird sich Nübel damit zufriedengeben, nach sechs Monaten beim FC Bayern mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit wieder auf der Bank zu sitzen? Nübel ist der Torhüter der Zukunft, aber wann beginnt diese in München?
Gibt noch keinen, der Neuer verdrängen kann
Ich glaube nicht, dass die Ära nach Manuel Neuer bereits zur nächsten Saison startet. Ich gehe davon aus, dass Manuel zurückkommt und dann auch im Tor steht. Zum einen wünsche ich so einem Ausnahmespieler ein anderes Karriere-Ende als mit einer Verletzung aufzuhören und zum anderen glaube ich, dass seine Klasse und Ehrgeiz noch so groß sind, dass es keinen auf der Welt gibt, der ihn verdrängen kann. Sollten die Bayern der Meinung sein, dass Nübel nach dieser Rückrunde eine große Chance hat, trotz Neuer-Comeback die Nummer eins bei Bayern zu sein, wissen sie möglicherweise mehr als wir.
Sommer-Wechsel wäre Win-Win-Situation für alle
Die Option mit Yann Sommer von Borussia Mönchengladbach finde ich nach aktuellem Stand irgendwie sinnvoller. Er scheint in Gladbach keinen neuen Vertrag zu unterschreiben, die Borussia kann eine Ablöse mit Sicherheit gut gebrauchen. Sommer hat viel Erfahrung in der Bundesliga und kann sich nach ein paar Monaten beim Rekordmeister überlegen, wohin die Reise geht. Es wäre eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten. Dass Nübel das Risiko eingeht, selbst nach sechs großartigen Monaten im Bayern-Trikot wieder auf der Bank zu sitzen, kann ich mir einfach nicht vorstellen.
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