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Hamburger SV nimmt Kontakt zu Felix Magath auf - Jonas Boldt in der Kritik

Positionsgerangel im Volkspark: HSV kontaktiert Magath

Felix Magath spielte eins selbst für den Hamburger SV.
Image: Felix Magath spielte einst selbst für den Hamburger SV.  © DPA pa

Der Hamburger SV hat nach der Pleite im Nordderby gegen Holstein Kiel nur noch geringe Chancen auf den Bundesliga-Aufstieg. Sky Reporter Sven Töllner gibt Einblicke in die Situation rund um den Volkspark.

Natürlich war es ein Aufreger. Ganz sicher auch eine diskutable Entscheidung. Wurde Matheo Raab vorm Siegtor der Kieler regelwidrig angegangen? Steffen Baumgart hatte eine klare Meinung zur Szene, manch anderer - inklusive Schiri Stegemann - empfanden das Geschehen als handelsübliches "Positionsgerangel".

In der quälenden Nicht-Aufstiegs-Geschichte der Hamburger wird die Szene zeitnah zur Fußnote degradiert werden. Der folgende Treffer von Tom Rothe wird allerdings erhebliche Folgeerscheinungen nach sich ziehen. Für Kiel war es ein Riesenschritt in Richtung erstmaliger Aufstieg, für den HSV der Startschuss für die siebente Runde in Liga zwei - und der Auslöser für ein immenses Positionsgerangel auf sämtlichen Ebenen.

Aufgeben für Boldt keine Option

Jonas Boldt ist kämpferisch - das war beim späten Ausgleich in Magdeburg (Muskelspiel-Jubel) optisch überdeutlich zu erkennen. Auch der Niederschlag gegen Kiel hat daran nichts geändert. Hinschmeißen? Weglaufen? Das ist keine Option für den 42-Jährigen, der seit 2019 als Sportvorstand die Geschicke im Volkspark leitet.

Seither sind die ehemaligen Führungskräfte Bernd Hoffmann, Frank Wettstein, Thomas Wüstefeld (Vorstände) sowie Sportdirektor Michael Mutzel auf der Strecke geblieben. Der rund zwei Meter große Manager, der sich den Feinschliff in der Haifischbranche in seiner Leverkusener-Zeit bei den Branchen-Ikonen Reiner Calmund und Rudi Völler geholt hat, ist ohne jeden Zweifel der starke Mann beim HSV. Er hat das letzte Wort. Bei Transfers. Bei Trainerentlassungen.

Insofern ist es sehr wohl ein berechtigter Vorschlag, Boldt aus seinem bis 2025 laufenden Vertrag zu entlassen. Wenn die Truppe nicht liefert, muss der Anführer geradestehen. Wenn ein Staatssekretär einen Vorgang verpatzt, landet der Vorwurf eher früher als später beim Minister. Den alles überragenden Auftrag - die Rückkehr in die Bundesliga - hat Boldt bislang nicht erfüllt. Ist es also unabdingbar, den Gesetzen des Fußballs Folge zu leisten und Boldt zu ersetzen?

Wie geht der HSV den nächsten Anlauf an?

Manche Fans und Journalisten sehen keine Alternative zu einer personellen Neuausrichtung auf höchster Ebene. Die formale Entscheidung obliegt dem Aufsichtsrat. Die Kontrolleure versuchen - entgegen der über Jahrzehnte etablierten HSV-Tradition - auf öffentliche Einschätzungen und Wasserstandsmeldungen zu verzichten. Informationen und Beobachtungen rund um den Vorsitzenden Michael Papenfuß und dessen fünf Mitstreiter legen den Schluss nahe, dass die Meinungen über die notwendigen Zukunftsbeschlüsse erheblich auseinanderdriften.

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Unstrittig ist, dass die Entscheidungen klug ausfallen und schnell getroffen werden müssen. Dass der Aufstieg rechnerisch noch möglich wäre, ist seit Samstag Abend kein Faktor mehr in den Führungszirkeln. Auf der Agenda steht nur eine Frage: Wie geht es - ab der kommenden Saison als Zweitliga-Dino - weiter auf dem steinigen Weg zurück ins Oberhaus?

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Sündenbock-Strategie bringt keine Garantie

Die Alleinschuld für alles, was nicht gelungen ist, bei Boldt abzuladen, wäre bemerkenswert billig. Auf die Sündenbock-Strategie zu setzen ist zudem keineswegs eine Garantie für eine erfolgreichere Zukunft. Unter der Regie von Boldt ist der HSV nicht aufgestiegen. In seiner Amtszeit hat der Traditionsverein allerdings zu wirtschaftlicher Stabilität gefunden (im Unterschied zu Schalke, Hertha oder Köln) und den Zuschauerschnitt auf Rekordhöhe geschraubt.

Einen Zweitliga-Kader mit einhundertprozentiger Aufstiegsverlässlichkeit zu bauen, ist auch beim Etat-Primus im Unterhaus eine anspruchsvolle Aufgabe. Die Aufsteiger der vergangenen Jahre - zum Beispiel Union Berlin, Bielefeld, Bochum, Fürth, Heidenheim oder Darmstadt - haben ihre Erfolgsgeschichte über einen stabilen Teamgeist im gesamten Verein, aber mehrheitlich nicht über attraktiven Fußball gestemmt.

Hat Boldt Walter zu spät entlassen?

Strikt pragmatischer Ergebnissport ist bei den HSV-Anhängern nicht vermittelbar, findet Boldt. Die Transferentscheidungen waren dementsprechend stets geprägt von der Suche nach der Schnittmenge aus fußballerischer Attraktivität und maximaler Erfolgsorientierung. Einige dieser Entscheidungen sind nicht aufgegangen. Das ist eine völlig normale Begleiterscheinung des Geschäfts. Manche Beobachter und einige Offizielle sind der Ansicht, es seien zu viele gewesen.

Bei Tim Walter hat Boldt auf Kontinuität gesetzt, statt der Hamburger Hire-and-fire-Arithmetik Futter zu geben. Zu späte Entlassung? Möglicherweise. Dass es beim HSV nicht ganz so einfach ist, die Mannschaft mit erfolgversprechenden Vorgaben auszustatten, ist seit einigen Wochen ganz gut zu beobachten. Die großen Erwartungen, die Baumgart bei Amtsübernahme in den Rucksack gepackt wurden, sind noch größerer Enttäuschung gewichen.

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Sky Info: Informeller Austausch mit Magath

Es gibt also einigen Anlass, sehr kontrovers über die angemessenen Punkte auf Boldts Plus-minus-Liste zu diskutieren. Öffentlich - und vor allem im Aufsichtsrat. Die wegweisenden Entscheidungsprozesse werden natürlich nicht nur von den Betroffenen und den HSV-Anhängern außerordentlich aufmerksam verfolgt.

Anteilseigner Klaus-Michael Kühne hatte Sky gegenüber seiner Haltung zur Lage bereits am 14. Februar dieses Jahres überdeutlich Ausdruck verliehen: "Felix Magath ist seit Jahren mein Wunschkandidat, war aber den HSV-Verantwortlichen nicht vermittelbar. Ich bin leider nur ein einflussloser Fan, der mit ansehen muss, wie der HSV in jeder Hinsicht handlungsunfähig ist."

Nach Sky Informationen hat es mit Magath bereits einen informellen Austausch gegeben. Auch Steakhouse-König Eugen Block, der mit Stephan von Bülow einen Abgesandten im Aufsichtsrat sitzen hat, wird von sachkundiger Seite zugetraut, seinen Einfluss geltend machen zu wollen. Setzen die millionen- beziehungsweise milliardenschweren Hamburger Wirtschafts-Honoratioren den entscheidenden Impuls für eine Inthronisierung des 1983er-Europa-Pokal-Helden?

Sollte der HSV Schmadtke holen?

Manche Räte fragen sich, ob diese Wahl nicht ein bisschen zu sehr von nostalgischen Motiven geprägt wäre. Sie bevorzugen einen anderen Namen mit nennenswerter Strahlkraft. Jörg Schmadtke hat nach erfolgreichen Jahren in Wolfsburg zuletzt viel Energie und Arbeitsfreude in den FC Liverpool investiert.

Über die inhaltlichen Qualitäten des kantigen Managers gibt es keine unterschiedlichen Meinungen. Auch seine Führungsstärke ist über jeden Zweifel erhaben. Eine Kontaktaufnahme ist nach Sky Informationen bislang nicht erfolgt. Es ist allerdings anzunehmen, dass Schmadtke - ein seriös und sinnvoll strukturierter Vortrag der HSV-Offiziellen vorausgesetzt - aufmerksam zuhören würde, wenn sich Chef-Kontrolleur Papenfuß mit ihm in Verbindung setzen sollte.

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Rangnick und Hoogma werden gehandelt

Die Hinweise, der österreichische National-Coach Ralf Rangnick wäre interessiert daran, den HSV als eine Art Multi-Funktions-Reformer zu altem Glanz zurückzuführen, sind keineswegs aus der Luft gegriffen. Die Chance auf eine Zusammenarbeit ist derweil äußerst gering - spätestens seit der 65-Jährige in den engsten Kreis der Tuchel-Nachfolge-Favoriten gerückt ist.

Auch über Ex-HSV-Kapitän Nico-Jan Hoogma, der sowohl beim niederländischen Fußball-Verband als auch bei Heracles Almelo als Direktor seit vielen Jahren durch gute Arbeit auf sich aufmerksam macht, diskutieren die Räte.

Was wird aus Trainer Baumgart?

Spektakuläre Gedankenspiele, aber der Verein braucht Fakten! Bislang ist auch eine Weiterbeschäftigung Boldts alles andere als ausgeschlossen. Der amtierende Sport-Vorstand ist fest entschlossen, auch in der kommenden Saison in den Kampf um den Bundesliga-Aufstieg zu ziehen. Sollte er bleiben, spräche auch vieles für eine Weiterbeschäftigung des aktuellen Trainers. In allen anderen Vorstandskonstellationen würde Baumgarts Zukunft wohl Gegenstand intensiver Debatten werden.

Viel Eigenwerbung hat er bislang nicht betreiben können. An Engagement und Eifer mangelt es selbstverständlich nicht. Bislang hat der selbsterklärte HSV-Fan seinen Lieblings-Verein aber nachweislich nicht in den Griff bekommen. Im Saison-Endspurt hat Baumgart nur noch einen zentralen Auftrag: Im Sinne der HSV-Familie muss er mit seiner Mannschaft unbedingt verhindern, dass der ungeliebte Stadtrivale St. Pauli den Aufstieg am 32. Spieltag im Volkspark perfekt macht.

Ein Derby-Sieg würde sich positiv auf die Reputation des Trainers auswirken und ein wenig Balsam für die geschundene Fan-Seele liefern. Den Blick der Verantwortlichen auf die wegweisenden Entscheidungen, die nun in hohem Tempo getroffen werden müssen, dürfte ein mögliches Prestige-Erfölgchen, allerdings auf keinen Fall verklären.

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